Großer Musiker mit sauerländischem Blut in den Adern:
Franz Wüllner jun.
Zitat: „In ihm erblühte die musikalische Begabung der Sauerländer zu eigenartiger Vielfalt; er formte mit an dem musikalischen Charakterbild Deutschlands in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts…“, schrieb ein Chronist und meinte damit Franz Wüllner, dessen Vater Johannes Franz Wüllner als Bauernsohn am 27.11.1798 auf Nurks Hof in Sallinghausen geboren wurde (01).
Am 28.Januar 1832 zu Münster, im Elternhaus seiner Mutter geboren, wuchs Sohn Franz anfangs am Rhein auf. Nach des Vaters frühen Tod im Januar 1842, kam er zusammen mit seiner Mutter und den vier Geschwistern nach Münster zurück. Dort machte Ludwig 1848 das Abitur.
Bereits im Alter von 8 Jahren trat er öffentlich als Geiger auf und komponierte als Quintaner ein Werk für Chor und Streichorchester. Anton Schindler (1798-1864) war sein musikalischer Lehrer. Ihn holte der Großvater Winkelmann, ein Tabakfabrikant, nach Münster, um das musikalische Talent seines Enkelsohnes zu fördern. Schindler war Leiter des Münsteraner Musikvereins und trug als ehemaliger Schüler und Sekretär Beethovens einen Abglanz von dessen Größe in die Stadt. Von ihm erhielt Franz Wüllner eine sehr sorgfältige Ausbildung als Komponist, ganz im konservativen Sinn, und als Pianist, sodass er sogar Beethovens Sonate für Hammerklavier mit Fuge op. 106, die noch heute zu den schwersten Klavier-Kompositionen überhaupt zählt, spielen konnte.
Zielklar wandte sich Franz Wüllner der Musikwissenschaft zu, löste sich aber schließlich von seinem Lehrmeister, da dieser ihn in seinen eigenen Zukunftsplänen zu sehr einengte. 1848 bis 1852 studierte er in Frankfurt a.M. und Berlin, machte dann als Pianist Konzertreisen im In- und Ausland, bis er sich 1854 in München niederließ. Hier begann 1856 eine intensive Freundschaft mit Brahms, Joachim und Lachner. Er wurde Lehrer des Klavierspiels am Konservatorium. In München heiratete er 1857 seine Jugendliebe Anna Ludorff, die vielseitig begabte Tochter einer alt-münsterschen Juristenfamilie (02). Mit ihr hatte er schon in Jugendjahren gemeinsam musiziert.
Empfohlen durch die Dirigententätigkeit seit 1858 in Aachen, berief man Franz Wüllner im Jahr 1864 nach München zurück. Neben dem Chor der Allerheiligen-Hofkirche bekam er 1867 in der Kgl. Musikschule die Chorklassen. Seine drei Bände „Chorübungen der Münchener Musikschule“ bestimmten bald die Gesangspädagogik in der ganzen Welt. Seit 1871 Dirigent in der Hofoper, hatte er die Wagner- und Klassikeraufführungen zu leiten. Mit dem Professor-Titel und Dr. h.c. der Universität München ausgezeichnet, übernahm er dann 1877 in Dresden die Direktion des Konservatoriums und der Hofoper, von 1880 an auch die der Hofkirchenmusik. Daneben leitete er von 1882 bis 1884 das Berliner Philharmonische Orchester. Dieser Klangkörper gewann erst durch ihn dauernden Bestand. Den Höhepunkt seines Schaffens erreichte Wüllner in Köln. Von 1884 an entfaltete er sich ganz in den Gürzenich-Konzerten und in der Leitung des Konservatoriums, das er zu einer der bedeutendsten Musikschulen der Welt ausbaute. Die von ihm bis zu seinem Tode durchgeführten niederrheinischen Musikfeste fanden mit ihren Darbietungen nirgendwo ihresgleichen. Als einer der ersten setzte er sich für den jungen Richard Strauss und für Max Reger ein.
Allgeliebt und verehrt feierte Franz Wüllner am 28. Januar 1902 seinen 70sten Geburtstag. Äußerlich war er eine ehrfurchtgebietende Greisenerscheinung, doch im Innern von ungebrochener Jugendkraft. Manche scharfe Kante seines Wesens hatte sich im Laufe der Zeit abgeschliffen, Güte und Wohlwollen strahlten aus seinen klugen blauen Augen unter der Brille hervor, ein schneeweißer Vollbart umrahmte das vornehme, scharfgemeißelte Antlitz, das von Lebenskämpfen und ernster Denkarbeit erzählte.
Am 15. April 1902 ahnte er nicht, dass er sein letztes Konzert im Gürzenich leitete.
Am 7. September 1902 erlag Franz Wüllner einem schweren inneren Leiden. Seine Grabstätte und die seiner am 9.11.1909 verstorbenen Ehefrau befindet sich bis heute auf dem Friedhof Melaten in Köln.
Die Eheleute hatten drei Kinder: Ludwig Wüllner, geb. am 19.08.1958 in Münster, der später als Sänger, Rezitator und Schauspieler bekannt wurde und seine beiden Schwestern Josefa und Anna, die in Aachen geboren wurden.
01. Text in Teilen übernommen und ergänzt aus dem damals herausgegebenen HOMERT-KURIER. Erscheinungsdatum: Mai 1987
02. Anna Ludorff war die Tochter des Justizrates Ludwig Ludorff und seiner Frau Theodora, geb. Neuhaus, die im Frühjahr 1854 starb. Anna hatte acht Geschwister, von denen fünf früh an Tuberkulose gestorben waren. Bereits im Oktober 1854 reiste Anna mit ihrem Vater und den überlebenden Geschwistern nach Amerika. Dort, so hofften sie, könnten sie ihr Unglück bannen. Im Reisegepäck war ihr Flügel, gebaut von der Stuttgarter Klavierbau-Firma F. Dörner & Sohn. Das zeigt den Stellenwert, den die Musik in dieser Familie hatte. Drei Jahre später kam Anna wieder zurück nach Deutschland. Am 28. Juli 1857 heiratete sie in München den Musiker Franz Wüllner.
Über das Leben, Wirken u. kompositorisches Schaffen des Franz Wüllner wurde 1963 ein umfangreicher Gesamtüberblick von Dietrich Kämper erarbeitet. Hauptquelle war der Wüllner-Nachlass im Besitz der Dtsch. Staatsbibliothek in Berlin. Eine übersichtliche u. komprimierte Biografie fand ich erstaunlicherweise im Internet. Nicht kopiert, aber vollständig und unverändert abgeschrieben habe ich die österreichische Webseite www.tamino-klassikforum.at und die darin öffentlich zugänglichen Beiträge mit dem Obertitel „Der Musikgräber“.
Hier werden die noch vorhandenen Grabstellen bekannter Musiker, wie Komponisten, Sänger und Sängerinnen, Kapellmeister und Dirigenten aufgesucht und die Biografie des bzw. der Verstorbenen geschildert.
Die Recherchen über die beiden, Vater und Sohn Wüllner, hat der Redakteur dieser Webseite erstellt und offensichtlich Zugriff auf die biografischen Hinterlassenschaften gehabt. Es ist eine Fleißarbeit, die sich jeweils dem umtriebigen Leben der Protagonisten würdig erweist. Chapeau, dem Autor, der sich einen fiktiven Namen, ein Pseudonym, gegeben hat: Er nennt sich schlicht und einfach nur „hart“!
Franz Wüllner (1832-1902) und Johannes Brahms (1833-1897)
Wenn ich diesen kleinen Aufsatz der Freundschaft von zwei begnadeten Musikern widme, von denen Johannes Brahms und seine Werke unzweifelhaft den größeren Bekanntheitsgrad hat, liegt es mir fern, damit den zweiten im Bunde, eben Franz Wüllner, zu adeln und so seinen Stellenwert in der Musikgeschichte zu erhöhen. Dass Wüllners Lebenswerk damals wie heute nicht die gebührende Wertschätzung allgemein findet, lässt sich durch seine Persönlichkeit und sein musikalisches Schaffen erklären:
Eine tiefe innerliche Bescheidenheit und eine gewisse äußerliche Gemessenheit, die auf Fremde oft als kühl, vielleicht als hochmütig wirkte, überdeckte Wüllners fast ängstliche Zurückhaltung. Er dachte, so wird vermittelt, weniger an das Erscheinungsbild seiner Person, sondern mit strengem Pflichtgefühl stets nur an die Sache. Er dachte nur an das Werk, nicht an sich und erschien äußerlich eher steif und eckig als elegant. Klarheit und Reinheit der tonlichen Gestaltung standen ihm höher als Klangschwelgerei.
Die ihn kannten, schätzten seine tiefernste und vornehme Natur von äußerster Selbstbeherrschung, seine unbeugsame Tatkraft und erstaunliche Arbeitsfähigkeit. Er war ein Künstler, aber auch Gelehrter und ein geborener Organisator. Die bestechenden Eigenschaften eines Künstlers, wie es später sein Sohn Ludwig hatte, der durch seine Persönlichkeit die Gunst der Menge im Sturm eroberte, besaß Franz Wüllner nicht. Seine innere Wärme wurde nicht zur Glut. Dennoch war er ein Tonkünstler, der in seiner Ausübung von feiner und echter Empfindung beseelt war.
Als Dirigent war er eine ausgesprochene Herrschernatur und sein feines Ohr entdeckte im wildesten Orchestersturm die kleineste Unstimmigkeit. Seine peinliche Gewissenhaftigkeit in der Vorbereitung und Durchführung brachten von ihm geleitete und dirigierte Orchester und Chöre zur Höchstleistung. Sein Auftreten war niemals eine pantomimische Dirigentenleistung, die er als Gipfel der Lächerlichkeit gesehen hätte. Franz Wüllner war kein schöpferisches Genie, aber ein vielseitiger und bedeutender Geist. Seine sittliche Persönlichkeit, stellte an sich selbst die strengsten Anforderungen. Da war er seinem viel zu früh verstorbenen Vater sehr ähnlich. Auch dessen Familiensinn war ausgeprägt und eine tiefe Religiosität offenbarte sich.
So war der Mann beschaffen, dem ein Johannes Brahms vierundvierzig lange Jahre hindurch Treue und Freundschaft halten konnte.
Die fast gleichaltrigen junge Männer trafen sich im Sommer 1853 im kunstfreundlichen Hause des Bankiers Deichmann in Mehlem bei Bonn. Mit der Leidenschaft zur Musik, die ihnen gleich zu Eigen war, ihre tiefernste Lebensauffassung und die Hingabe, die an die selben künstlerischen Ideale knüpfte, begründeten zwischen den beiden eine Freundschaft fürs Leben. Brahms Freundschaften mit Klara Schumann, Joachim, Levi, Frau von Herzogenberg mögen wärmer, vertraulicher und schwärmerischer gewesen sein; treuer und zuverlässiger als die mit Franz Wüllner war jedoch keine.
Ihr Briefwechsel, der als rege bezeichnet werden kann, zeugt von ruhiger Herzlichkeit und unerschütterlichem Vertrauen beider Männer zueinander.
Auch wenn der traditionelle Federkiel längst durch eine Stahlfeder abgelöst war, der Gedankenaustausch durch das Beschreiben von Papier bedurfte einiger Mühe, eine geraume Zeit und ein geduldiges Warten auf Antwort. Brahms war weniger von brief-seliger Natur und verwünschte oft in seinen Briefen das lästige Geschäft des Schreibens. Die briefliche Wechselrede zwischen Brahms und Wüllner war wenig der überschwänglichen, eher sachlicher Art und von augenblicklichen Stimmungen unabhängig. Dennoch sind Brahms Schreiben dazu angetan, Erkenntnisse zu des Briefschreibers Lebensumstände und Wesens zu ergründen. Seine Briefe geben Kunde von seinem Weg durch eine entbehrungsreiche Jugend, heraus aus der Enge des Kleinbürgertums, aufsteigend bis hin zu den Höhen des Lebens und seiner vielseitigen Bildung, die er sich zumeist auf autodidaktischem Wege angeeignet hatte.
In dieser Hinsicht hatte Franz Wüllner einen Vorsprung vor seinem bewunderten Freund. Er war in den glücklichsten Familienverhältnissen aufgewachsen und hatte schon im Elternhause humanistische Bildung genossen. Von seinem Vater, einem ideal gesinnten Menschen und wissenschaftlich hochbedeutenden Schulmann und Erzieher, hatte er nicht nur das rege Pflichtgefühl und die gewaltige Arbeitskraft geerbt, sondern auch den ersten gründlichen Unterricht in den Wissenschaften erhalten. Auch seine erstaunliche musikalische Begabung war frühzeitig erkannt und gefördert worden. Seine Jugend floss relativ ungetrübt dahin; ein Gegensatz zu Brahms, der sich zeitlebens in seiner Sehnsucht nach ruhigem Glück verzehrte.
Nach einem persönlichen Zusammensein in München festigte sich ihre Freundschaft und es begann 1873 ein regelmäßiger Briefwechsel, wo das förmliche „Sie“ durch das herzlichere „Du“ verdrängt wurde. In den letzten Jahren vor Brahms Tode wird der briefliche Gedankenaustausch weniger, vielleicht auch deswegen, weil beide sich öfter persönlich begegneten.
1896 schreibt Brahms an Wüllner „Ich habe eine kleine bürgerliche Gelbsucht, die lange unbeachtet gelassen, jetzt sich etwas langsam zum Abzug entschließt…“
Seine, für ihn tatsächlich gefährliche Erkrankung, beschreibt er mehrfach in Gesprächen und Briefen an Freunde als eher harmlos. Seine zunächst als Gelbsucht behandelte Krankheit entpuppte sich als unbedingt tödlichen Leberkrebs.
Am frühen Morgen des 3. April 1897 schloss der Meister für immer seine Augen. Sein Freund Franz Wüllner konnte zur Bestattung in Wien nicht anwesend sein. Doch bei der im Kölner Konservatorium zur Erinnerung an Johannes Brahms abgehaltenen Trauerfeier am 2. Mai 1897 sprach der treue alte Freund Worte der Erinnerung:
„Die gleiche Wahrhaftigkeit wie in der Kunst besaß Brahms im Leben. Ich glaube, er hat nie jemandem aus Höflichkeit ein Lob gespendet, von dessen Wahrheit er nicht überzeugt war. Er galt für kühl, herb, satirisch, ablehnend; er war es auch, wenn ihm Schein und Dünkel entgegentraten. Dabei war er ein tiefer, edler, warmer Mensch voll Teilnahme und Herzensgüte, der oft geholfen hat, ohne dass die Welt es erfuhr… Er war der treueste Freund; ich selbst habe ihn, wenn auch räumlich stets von ihm getrennt, seit 44 Jahren oft als solchen erfunden und bei schweren Erlebnissen seines Rates und feinen Zuspruchs mich erfreut.“
Grundlage dieses Beitrages: „Johannes Brahms im Briefwechsel mit Franz Wüllner“, Herausgeber: Ernst Wolff 1922 im Verlag der Deutschen Brahms-Gesellschaft mbH in Berlin, nach Anregung und Beteiligung der Geschwister Ludwig und Josefa Wüllner(Kinder des Franz Wüllner).
Im Oktober 2011 stattete ich mit Freunden während eines Aufenthaltes in Köln dem Melaten-Friedhof einen Besuch ab. Wir hatten eine Führung angemeldet und erfuhren deshalb einige interessante und wissenswerte Informationen über diesen bereits 1810 eingeweihten Friedhof inmitten der Stadt, dessen Geschichte und dessen „Bewohner“. Es war schon immer ein Ort des Todes, auch des gewaltsamen, denn im Mittelalter fanden hier öffentliche Hinrichtungen statt. Während der Zeit der Hexenverfolgungen wurden an diesem Ort Menschen öffentlich verbrannt und exekutiert. Damals lag das Gelände, der Hof Melaten, nicht ohne Grund außerhalb der Stadtgrenzen Kölns. Der Ort beherbergte ab dem 12. Jahrhundert Leprakranke und Aussätzige. Damit die übrige Bevölkerung von der Seuche verschont blieben, wurden die Kranken isoliert. Der Begriff „Melaten“ kommt aus der französischen Sprache und bedeutet: „melade“, zu Deutsch: „krank sein“.
Der Melaten-Friedhof ist heute für viele Bewohner Kölns ein Ort der Stille an dem man Ruhe und Frieden finden kann, inmitten einer lauten und unruhigen Stadt. Es wird bewusst, dass alles Irdische einmal ein natürliches Ende findet und kein Mensch, sei er noch so reich und mächtig, diesem Schicksal entgehen kann. Und so ruhen auf Melaten Verstorbene aller Gesellschaftsschichten. Auch diejenigen, welche zu ihren Lebzeiten als prominent und wichtig galten: Politiker, Künstler, Gelehrte. Ihre Grabstätten sind oft Ausdruck ihrer gesellschaftlichen Stellung und des Zeitgeistes in der jeweiligen Epoche. Auch das macht den Melaten-Friedhof so vielseitig und interessant für viele Besucher.
Bei meinem neuerlichen Besuch im Oktober 2019 ist es mir gelungen, eine Grabstätte zu finden, dessen Vorhandensein mir zuvor nicht bewusst war: Auf Flur 82 des
Zentralfriedhofs Melaten ruhen die Eheleute Franz Wüllner (1832-1902) und Anna Ludorff (1832-1909). Professor Franz Wüllner war ein zu seiner Zeit bekannter und viel beachteter Komponist und
Dirigent. Mit Johannes Brahms verband ihn nicht nur die Musik, auch eine langjährige Freundschaft. Franz Wüllner war der Sohn des gleichnamigen Franz Wüllner, Gymnasialdirektor und Philologe, der
auf Nurks Hof in Sallinghausen geboren war. Die auf dem Melaten-Friedhof beigesetzten Eheleute sind die Eltern des Sängers, Schauspielers und Rezitators Ludwig Wüllner
(1858–1938).
Beschreibung der Grabstelle: Unter dem Bildnis Franz Wüllners ist der Bibeltext aus „Offenbarung 14“ auszugsweise wiedergegeben: „…der Geist spricht, dass
sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Es folgen die Lebensdaten der Eheleute und ein Hinweis, dass diese Grabstelle „von seinen Freunden und Verehrern“ gewidmet
wurde. Heute ist sie als erhaltenswerte Grabanlage nach dem Denkmalschutzgesetz eingestuft. Das Kölner Amt für Landschaftspflege und Grünflächen sucht unter der Rufnummer 0221 221-24442
interessierte Bürger, die an dieser Grabanlage das Nutzungsrecht erwerben oder eine Patenschaft übernehmen möchten.
Auf dem Melaten-Friedhof fand ich während meines Aufenthaltes auch die Grabstätte des Komponisten, Dirigenten und Musikpädagogen Ferdinand von Hiller. Er war Leiter
der Rheinischen Musikschule in Köln. Franz Wüllner wurde damals sein Nachfolger. Unter Wüllners Leitung wurden eine Orchesterschule, eine Opernschule und ein Klavierlehrerseminar eingerichtet.
Pflichtfächer wie Gehörbildung, Musiktheorie, Musikgeschichte, Formenlehre sowie die Teilnahme am Chorgesang wurden eingeführt. „Zu Wüllners Zeiten trugen seine Kölner Einrichtungen
Modellcharakter für die Musiklehranstalten von Wien bis London.“ (Zitat von Heinrich Lindlar (1912 – 2009), deutscher Musikwissenschaftler und -pädagoge)
Friedrich Hugo Anton Adolf Wüllner wurde am 13. Juni 1835 in Düsseldorf geboren. Er war der zweite Sohn (drittes Kind) von Josephina Winkelmann und dem in Sallinghausen geborenen Philologen Dr. Franz Wüllner, und somit Bruder des Komponisten Prof. Dr. Franz Wüllner.
Adolf studierte zunächst an den Universitäten Bonn und München Physik, wo er 1856 auch promovierte. Anschließend wechselte er für zwei Jahre zur Humboldt-Universität zu Berlin und ab 1858 an die Universität Marburg, wo er sich habilitierte. Während seines Studiums wurde er 1854 Mitglied der Bonner Burschenschaft Frankonia. Im Herbst 1862 wurde er zum Dozenten der Physik an der landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf berufen und bekleidete gleichzeitig eine außerordentliche Professur an der Universität Bonn.
Ab 1863 übernahm Wüllner die Direktion der Provinzial-Gewerbeschule in Aachen und wurde hier bereits vom damaligen amtierenden Regierungspräsidenten Friedrich von Kühlwetter mit der Planung und den Vorarbeiten für die in Aachen zu gründende Polytechnische Schule, der späteren RWTH Aachen, beauftragt. Schließlich berief man Wüllner am 1. April 1870 zum Professor der Physik dieser zur gleichen Zeit eröffneten Technischen Hochschule, der er von 1883 bis 1886 auch als Rektor vorstand. Ebenso wurde er fast ununterbrochen in den Senat der TH gewählt.
Als Physiker war Wüllner hauptsächlich in der Experimentalphysik tätig und beschäftigte sich mit dem Dampfdruck der Dämpfe von Salzlösungen und von Flüssigkeitsgemischen. Des Weiteren arbeitete er über spezifische Wärme der allotropen Modifikationen verschiedener Feststoffe sowie der Flüssigkeiten und Gase nach der Dichte der gesättigten Dämpfe. Auch auf den Gebieten der Elektrizitätslehre und Optik war er tätig.
Nebenberuflich war Adolf Wüllner auch Mitglied der Stadtverordnetenversammlung sowie des Beleuchtungs- und Musikausschusses in Aachen. Hier wurde nach seinem Tod ihm zu Ehren auch die Straße nach ihm benannt, die das Hauptgebäude der RWTH Aachen mit dem Audimax der Hochschule verbindet. Die Technische Hochschule Dresden ehrte ihn und sein Wirken bereits Jahre zuvor mit der Ehrendoktorwürde. 1873 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Ab 1889 war er korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Schülern gehörte u. a. Anton Werner Ernst Gerland.
Adolf Wüllner heiratete Mathilde Elisabeth Amalia von Dessauer (01), die am 29.08.1833 in München geboren wurde. Sie war die Tochter von Georg von Dessauer und Luise von Lindner. Adolf Wüllner starb am 6.10.1908, vier Jahre nach dem Tod seiner Frau, die am 23.12.1904 gestorben war. Beide fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem Aachener Ostfriedhof.
01. Mathilde Elisabeth Amalia von Dessauer war eines von insgesamt 11 Kindern der Eheleute von Georg von Dessauer und Luise von Lindner. Der Vater Georg Dessauer kam am 19.09.1795 in Königshofen ob der Tauber als Sohn des Alois Dessauer zur Welt. Dieser stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie und wurde als Aron Baruch geboren. Die Familie trat zum katholischen Glauben über. Er war ehemals kurmainzischer Hofbankier und Heereslieferant sowie ein erfolgreicher Papierfabrikant. Der Sohn Georg wurde als Nathan geboren, war später Jurist. Als „wirklicher Hofrat“ und Rechtsanwalt in München erhob ihn König Ludwig I von Bayern am 31.03.1837 in den erblichen Adelsstand (Georg von Dessauer), entzog ihm jedoch 1859 wegen Urkundenfälschung den Hofrats- und Adelstitel wieder; er wurde zu sechs Jahren Festungshaft verurteilt. Am 21.09.1823 heiratete er Luise von Linder, Tochter des Appellationsgerichtsrats Franz Xaver von Linder, ein Gutsbesitzer aus Schwenningen.
Quellen: Wikipedia